Schlagwort-Archiv: Kolumbien

Sturisomatichthys leightoni

13. Mai 2020

Bis vor kurzer Zeit unterschied man bei den Störwelsen zwei Gattungen nach anatomischen Merkmalen: die relativ kurznasigen Sturisomatichthys mit vier beschriebenen Arten und die relativ langnasigen Sturisoma mit über 15 Arten. Alle Störwelse sind beliebte, weil attraktive und auch gut züchtbare Aquarienfische, die im Gegensatz zu den meisten anderen Harnischwelsen nicht in Höhlen brüten, sondern ihre Gelege offen (meist an einer der senkrechten Aquarienscheiben) absetzen. Nach dem Laichen bewacht das Männchen das Gelege bis zum Schlupf der Jungen. Als Faustregel konnte man sagen, dass die Sturisomatichthys kleiner bleiben (10-12 cm), während man bei Sturisoma mit 15-30 cm (je nach Art) rechnen musste.

Doch eine aktuelle Studie von Alejandro Londoño-Burbano und Roberto E. Reis ergab, dass alle Störwelse aus Kolumbien, Venezuela und Panama so eng miteinander verwandt sind, dass sie in die gleiche Gattung gehören – also Sturisomatichthys – während die Arten aus dem gesamten Amazonas-Becken und weiter südlich bis Paraguay in Sturisoma bleiben.

Ungeachtet dessen sind die kurznasigen Sturisomatichthys im engeren Sinne schwierig in der Artbestimmung. Die erste Art, die importiert und nachgezüchtet wurde, war 1985 S. leightoni. Sie verschwand wieder aus dem Hobby, während aus Kolumbien ab den 1990er Jahren zwei sehr ähnliche Arten, die Evers & Seidel als S. sp. „Kolumbien1“ und S. sp. „Kolumbien2“ bezeichneten, häufiger importiert und gezüchtet wurden. Dann kamen auch immer wieder einmal „echte“ S. leightoni in den Handel. Da alle drei Arten hochvariabel in der Färbung sind, eine Bestimmung darum nicht immer möglich ist und die Sendungen aus Kolumbien zudem oft mehrere Arten gemischt enthalten, werden diese drei Formen im Handel meist nicht voneinander unterschieden und als S. leightoni bezeichnet – auch bei uns.

Aktuell haben wir sehr gut eingewöhnte, ausgewachsene, kräftige und laichreifte Tiere im Stock. Die meisten entsprechen am besten Sturisomatichthys sp. Kolumbien1, werden aber aus oben genannten Gründen bei uns als S. leightoni geführt. Bei gut eingewöhnten Tieren erkennt man bei S. sp. Kolumbien1 zahlreiche Punkte und Wurmlinien auf dem Vorderkörper, die bei S. leightoni fehlen. Leider verblassen diese Farbmerkmale aber bei gestressten Tieren zur Unkenntlichkeit. Die im Dezember 2019 neu beschriebene Art S. guaitipan aus dem oberen und mittleren Rio Magdalena in Kolumbien ist S. sp. Kolumbien1 sehr ähnlich, jedoch wird als Alleinstellungsmerkmal für S. guaitipan angegeben, dass sie nur 10 geteilte Flossenstrahlen in der Schwanzflosse hat, während beide für diesen Post fotografierten Tiere 12 geteilte Strahlen in der Schwanzflosse haben.

Für unsere Kunden: die Tiere haben Code 294403 auf unserer Stockliste. Bitte beachten Sie, dass wir ausschließlich den Großhandel beliefern.

Literatur: Londoño-Burbano, A. & R.E. Reis (2019): A Taxonomic Revision of Sturisomatichthys Isbrücker and Nijssen, 1979 (Loricariidae: Loricariinae), with Descriptions of Three New Species. Copeia 107, No. 4, 2019, 764–806

Text & Photos: Frank Schäfer

Kolumbien… eine Reise zu den Lebensräumen unsere Fische Teil 2

28. Februar 2020

Nach unserem Ausflug an den Rio Guaviare fuhren wir mit dem Boot in Richtung Rio Inirida, den gleichnamigen Fluss hinauf bis zum Caño Bocón. Der Caño Bocón ist ein Schwarzwasser führender kleiner Zufluss des Rio Inirida. Leonell fängt hier seine Fische, die wir später in unseren Aquarien in Deutschland pflegen. Bis es jedoch soweit ist, werden die Fische etwa drei Stunden flussaufwärts an einem Sammelpunkt in großen Freilandteichen mit Frischwasserzulauf zwischengehältert. Hier schwimmen in 26°C warmen Wasser bei einem pH – Wert von 4,2 und 21 Microsimens viele der uns bekannten Fische, wie zum Beispiel Paracheirodon simulans (GERY, 1963), der blaue Neon oder aber auch Crenuchus spilurus GÜNTHER, 1863 der Prachtsalmler.

Puerto Inirida – Hafen
Boulengerella lateristriga (BOULENGER, 1895), Rio Inirida
Hydrolycus armatus (JARDINE, 1841), Rio Inirida

Wir nutzten den Aufenthalt am Caño Bocón um einen kleineren Zufluss, den Caño Jota im Mündungsbereich zu befischen. Dieser kleine Zufluss hatte alles, was man sich so von einem kleinen Urwaldbach vorstellt, wenn … ja wenn da nicht unendlich viele kleine Kriebelmücken wären, die einem das Leben zur Hölle machen können. Da wir zum Glück am frühen Nachmittag hier angekommen waren, mussten wir uns nur noch bis zum Sonnenuntergang dick anziehen, um nicht komplett zerstochen zu werden. In der Nacht und am kommenden Morgen hatten wir dann Gelegenheit, ohne Kriebelmücken nach Fischen zu schauen. Da solche Plätze mit vielen Kriebelmücken nicht wirklich beliebt sind, fuhren wir gegen Mittag in Richtung Rio Inirida wieder den Caño Bocón hinunter.

Caño Bocón
Hemiodus immaculatus KNER, 1858
Brycon amazonicus (SPIX & AGASSIZ, 1829)
Microglanis iheringi GOMES, 1946
Dicrossus gladicauda SCHINDLER & STAECK, 2008
Caño Jota
Crenuchus spilurus GÜNTHER, 1863 vom Caño Jota
Fangstation am Caño Bocón, Roland Rietsch misst Wasserparameter
Fangstation am Caño Bocón, die Wasserparameter
Paracheirodon axelrodi (SCHULTZ, 1956)
Der Fang eines Fischfängers auf dem Caño Bocón wird begutachtet
Pterophyllum altum PELLEGRIN, 1903
Monocirrhus polyacanthus HECKEL, 1840
Chelonoidis denticulatus (LINNAEUS, 1766) eine Waldschildkröte in der Ortschaft Comunidad Remanso
Roland Rietsch filmt in einem Klarwasserzufluss zum Rio Inirida

Am darauffolgenden Tag erreichten wir die Comunidad Remanso am Rio Inirida, dort befinden sich die letzten Ausläufer des Guyana Schildes. Drei runde Granitfelsen, der Cerro Mavicure, Mono & Pajarito bilden hier für den Rio Inirida ein natürliches Hindernis, mit einer großen Stromschnelle. Hier ließ es sich auch drei Tage aushalten, um die nähere Umgebung zu erkunden. Wir umrundeten den Cerro Pajarito in einer Tagestour und fielen am Abend von den vielfältigen Eindrücken des Tages in unsere Hängematten. Etwas oberhalb der Stromschnelle befindet sich ein kleiner Schwarzwasserzufluss der Caño San Joaquin, der sich für uns als ein interessantes Fischgewässer erwies. Auf dem Rückweg nach Puerto Inirida, machten wir eine kurze Station, um den Cerro Mavicure zu besteigen und uns die atemberaubende Landschaft des Guyana Schildes aus der Vogelperspektive anzusehen. In Puerto Inrida  sahen wir uns die Exportstation von Leonell an und brachten dort unsere selbst gefangenen Fische unter. 

Blick vom Cerro Mavicure auf den Cerro Mono & Pajarito
Blick vom Cerro Mavicure auf Stromschnelle des Rio Inirida
Caño San Joaquin
Mesonauta insignis (HECKEL, 1840)
Apistogramma lineata MESA & LASSO, 2011
Brycon falcatus MÜLLER & TROSCHEL, 1845 ein häufiger Salmler der Region
Lonchogenys ilisha MYERS, 1927 ein typischer Schwarzwasser Bewohner mit großen Augen im Caño San Joaquin

Wir nutzten die Gelegenheit, in Leonells Teichen nach interessanten Fischen zu schauen, die wir mit den von uns gefangenen Fischen nach Deutschland schicken lassen konnten.

Exportstation in Puerto Inirida von Leonell, wir dürfen uns Fische aussuchen
Exportstation in Puerto Inirida, Fischtüten für den wöchentlichen Transport nach Bogota und Europa sind vorbereitet

Den Abschluss der wirklich tollen Fischfangtour ließen wir am Caño Coco ausklingen, der ein Zufluss des Rio Atabapo ist und natürlich auch einige der dort vorkommenden Arten beherbergt.

Fischfang am Caño Coco
Bryconops caudomaculatus (GÜNTHER, 1864) ein weit verbreiteter Bewohner im Orinoco-System
Hemiloricaria formosa (ISBRÜCKER & NIJSSEN, 1979)
Dekeyseria scaphirhyncha (KNER, 1854)

Ein großes Dankeschön möchte ich an Aquarium Glaser aussprechen, sowie an Leonell, seinen Sohn Camillo und unseren indianischen Bootsführer Kortez, ohne die diese Tour nicht zustande gekommen wäre.

Unser Tourguide und Fischfänger Leonell
und sein Sohn Camillo

Text, Bilder und Film: Thomas Große

zu Teil 1 geht es hier: https://www.aquariumglaser.de/fischarchiv/kolumbien-eine-reise-zu-den-lebensraeumen-unserer-fische/

Kolumbien, eine Reise zu den Lebensräumen unserer Fische

16. August 2019

Jeder Aquarianer wünscht sich wahrscheinlich einmal den Lebensraum seiner Fische zu besuchen. Wir, das waren 6 Aquarianer aus dem Raum Berlin sowie aus dem Süd-Südwesten Deutschlands. Durch Roman Neukirchen von der Firma Aquarium Glaser bekamen wir die Möglichkeit, uns die Transportwege vom Fang der Fische in den Flüssen Kolumbiens bis zum Transport nach Deutschland in unsere heimischen Aquarien anzuschauen.

Daniel empfängt uns vor seiner Exportstation in Bogota

Die Flüge waren schnell gebucht. Treffpunkt waren die Flughäfen in Berlin und München, im Januar 2019. Nach einem etwa 12 stündigem Flug von München aus landeten wir in Bogota, der Haupstadt Kolumbiens. Am nächsten Tag begrüßte uns Daniel in der Innenstadt von Bogota, einer der Inhaber von Acuario Norte, der Aquarium Glaser mit Süßwasserfischen aus Kolumbien beliefert. Durch Ihn hatten wir die Möglichkeit uns eine der Fischexportanlagen anzusehen.

Die Stadt Bogota liegt auf 2.650 m Höhe, ihre Temperaturen schwanken in der Nacht zw. 7- 10 °C und erreichen am Tage ca. 20 °C. Dies erfordert das Heizen der Aquarienanlage auf für die Fische angenehme Temperaturen von 24 bis 26 °C für den Zeitraum ihrer Zwischenhälterung, von bis zu drei Tagen.

Um diese Zeit für die Fische so kurz wie möglich zu halten, betreibt Daniel in den Llanos eine Fang- & Sammelstation, in der er von unterschiedlichen Fischfängern aus ganz Kolumbien Fische hältert, bis sie verschickt werden.

Nach unserem sehr informativen Treffen mit Daniel nutzten wir die Möglichkeit, uns einige Sehenswürdigkeiten in Bogota und einen Kratersee außerhalb der Stadt anzuschauen.

Zum Abschluss unseres Treffens gab Daniel uns einen Kontakt in Puerto Inirida von einem seiner Fischfänger.

In Puerto Inirida, nach einem 1 1/2 stündigem Inlandflug angekommen, empfing uns Leonell, unser Kontak und Fischfänger vor Ort. Mit Leonell planten wir nun unsere erste Tour. Begleitet wurden wir von seinem Sohn Camillo und dem indianischen Bootsführer Kortez. Am nächsten Morgen fuhren wir den Rio Inirida einige Kilometern flussabwärts, dort fließt der Rio Inirida in den Rio Guaviare, einen Weißwasserfluß.

Den Rio Guaviare fuhren wir mit dem Boot flussaufwärts. Um gute Foto- und Filmaufnahmen unter Wasser zu bekommen, mussten wir jedoch auf Klar- & Schwarzwasserzuflüsse ausweichen. Mit unserem ortskundigen indianischen Bootsführer Kortez erhöhte sich die Chance auf solche Biotope zu treffen, was durchaus auch mehrstündige Fußmärsche bei 35 Grad im Schatten an Land nach sich zog, um diese Bäche und Restwassersenken in der Trockenzeit zu finden. An einigen Stellen hatte die Uferlandschaft in der Mitte der Trockenzeit teilweise steppenartigen Charakter, was für uns die Suche zu einem Abenteuer machte und uns so mache Blase an den Füßen einbrachte.

Farm am Ufer des Rio Guaviare

Lehmige Ufer am Rio Guaviare

Myleus cf.torquatus (KNER, 1858) wurden mit einem Maiskolben im Zufluss eines Schwarzwasserbaches in den Rio Guaviare angelockt

(Fortsetzung folgt)

Text: Thomas Große, Photos: Roland Rietsch