1977 erschien die „Bibel der Salmlerfreunde“, Jaques Gérys Buch „Characoids of the world“. Ganz am Ende des Buches, auf Seite 608, findet sich eine Abbildung eines zu der Zeit noch namenlosen Glassalmlers mit einer ganz auffällig gekammerter Schwimmblase. Dieses Tier wurde ein Jahr später – 1979 – von Richard P. Vari als neue Art Leptagoniates pi beschrieben. Der ungewöhnliche Artname „pi“ bezieht sich auf die für Salmlerverhältnisse einzigartig geformte Schwimmblase, die wie das altgriechische Schriftzeichen Pi (π) aussieht. Da Leptagoniates pi vollkommen transparent ist, kann man die Schwimmblase auch beim intakten Tier gut sehen. Die Gattungszuordnung des Tieres fiel Vari nicht leicht, er stellte es schließlich zu Leptagoniates.

Die neue Technik der molekularen Analyse in Verbindung mit morphologischen Untersuchungen erlaubte neue Einblicke in die Verwandtschaftsbeziehungen unter anderem auch der Salmler. Zwei molekulare Analysen kamen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass die beiden bislang Leptagoniates zugeordneten Arten nicht einer gemeinsamen Entwicklungslinie entstammen, also nicht monophyletisch sind, dass sogar Leptagoniates steindachneri und L. pi unterschiedlichen Unterfamilien angehören: L. steindachneri zu den Aphyocharacinae, L. pi zu den Cheirodontinae! Leptagoniates pi steht entwicklungsgeschichtlich ganz am Anfang der Cheirodoninae. So stellten nun Vari, Bruno F. Melo und Claudio Oliviera konsequenterweise eine neue Gattung auf, Protocheirodon, der sie die einzige Art P. pi zuordneten. Eine traurige Notiz am Rande: die Beschreibung von Leptagoniates pi war eine der ersten Publikationen von Vari, die Beschreibung von Protocheirodon einer seiner letzten, sie erschien bereits postum. Richard P. Vari starb am 15. Januar 2016 im Alter von 66 Jahren an Krebs.
Während Leptagoniates steindachneri u.W. aquaristisch noch nicht in Erscheinung getreten ist, wird Protocheirodon pi ab und zu als Aquarienfisch aus Peru importiert. Wie wir heute wissen ist die Art sehr weit in Südamerika verbreitet und besiedelt nahezu alle bedeutenden Fluss-Systeme im zentralen und westlichen Amazonien, inklusive des Solimoes, Purus, Madeira und Ucayali. Man findet die Art oft über sandigen Böden im Randbereich von Fließgewässern und in stillen Totarmen. Ein ausgeprägter Geschlechtsdimorphismus liegt nicht vor, uns erscheint es, als seien die Weibchen etwas größer, aber wir haben das nicht anatomisch untersucht.
Die Pflege von Protocheirodon pi, für den wir den deutschen Gebrauchsnamen Kristallsalmler vorschlagen, ist nicht schwer. Die Gesellschaft anderer Fische gibt P. pi ein Gefühl von Sicherheit. Das müssen durchaus keine Artgenossen sein. Ein Schwarmfisch im eigentliche Sinne ist der Kristallsalmler nicht. Nur ausnahmsweise und wenn sie beunruhigt sind, ziehen sie im Trupp umher. Sobald sich die Fische eingeschwommen haben besetzen sie Miniaturreviere, die sie gegen Artgenossen in harmlosen Schaugefechten verteidigen. Man kan P. pi als absolut friedlichen Fisch bezeichnen. Gefressen wird jegliches übliche Fischfutter passender Größe, Pflanzen beschädigen die Tiere nicht. P. pi wird etwa 5 cm lang.
Für unsere Kunden: die Art hat Code 266003 auf unserer Stockliste. Bitte beachten Sie, dass wir ausschließlich den Großhandel beliefern.
Text & Photos: Frank Schäfer


