Mit über 130 Arten ist die Gattung Hyphessobrycon sehr unübersichtlich geworden. Es werden immer noch neue Arten entdeckt. Es ist schon lange bekannt ist, dass Hyphessobrycon eine künstliche Sammelgattung darstellt und die in ihr vereinigten Arten nicht unbedingt eng miteinander verwandt sind. Darum werden seit den 1970er Jahren immer wieder einmal „Gruppen“ innerhalb von Hyphessobrycon definiert, um sie besser zu strukturieren. Eine dieser Gruppen ist die der Dreibandsalmler, die so genannte Hyphessobrycon-heterorhabdus-Gruppe. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass im Leben drei farblich unterschiedliche Längsbinden zu sehen sind, nämlich eine rote, eine schwarze und eine weiße. Je nach Einschätzung der jeweiligen Bearbeiter werden aber zur Gruppenunterscheidung auch andere Merkmale herangezogen, wie z.B. das Vorhandensein oder Fehlen von Flecken im Schulterbereich ( = Humeralflecken) oder auf der Schwanzwurzel.
Hyphessobrycon montagi gehört farblich eindeutig in die Hyphessobrycon-heterorhabdus-Gruppe, wenngleich sich das rote Längsband auf ein kurzes Stückchen auf dem Schwanzstiel beschränkt. Die erst 2014 wissenschaftlich beschriebene Art hat aber als Alleinstellungsmerkmal zwei Humeralflecken in artspezifischer Ausprägung und zusätzlich einen Schwanzwurzelfleck. In der gegenwärtig aktuellsten, DNS-gestützten Übersichtsarbeit zu allen Salmlern (Melo et al. 2024), wird H. montagi dennoch in die Hyphessobrycon-heterorhabdus-Gruppe gestellt. Sie umfasst nach aktuellster Auffassung H. amapaensis, H. cantoi, H. heterorhabdus, H. ericae, H. montagi, H. sateremawe und H. wosiackii. Äußerlich sehr ähnlich ist die Hyphessobrycon agulha-Gruppe mit Hyphessobrycon agulha, H. clavatus, H. eschwartzae, H. herbertaxelrodi, H. klausanni, H. loretoensis, H. lucenorum, H. margitae, H. metae, H. mutabilis, H. peruvianus, H. wadai und H. zoe. Beide Gruppen scheinen jedoch nicht monophyletisch zu sein, d.h. ihre Mitglieder müssen langfristig trotz äußerlicher Ähnlichkeit in verschiedenen Gattungen untergebracht werden.
Manche der Salmler der beiden genannten Gruppen sind aquaristisches Urgestein, andere wurden noch nie lebend im Aquarium gepflegt und gezüchtet. Wir haben jetzt erstmals H. montagi – urprüngliche Herkunft Brasilien: Quellgebiete des Rio Arapiuns (Rio Branco und Rio Aruã), des unteren Rio Tapajós-Beckens und kleine, direkte Nebenflüsse des Rio Amazonas (Igarapé da Ponte) im Bundesstaat Pará – als deutsche Nachzucht im Angebot. Die Tiere unterscheiden sich in sehr auffälliger Weise im Verhalten von den gut bekannten H. heterorhabdus und H. amapaensis. Zumindest unsere Nachzuchttiere von H. montagi sind nämlich viel stärker in ein Schwarmverhalten eingebunden. Man nennt zwar Salmler ganz allgemein gerne „Schwarmfische“, aber das stimmt nur sehr bedingt. In Wirklichkeit ziehen die meisten Salmler-Arten eine gewisse Individualität im Alltag vor. Echtes Schwarmverhalten zeigen sie nur ganz selten, nämlich dann, wenn sie sich bedroht fühlen. Eine der wenigen Ausnahmen sind die Rotkopfsalmler (Petitella bleheri & Co.), die tatsächlich immer im Schwarm unterwegs sind. Und diesen Tieren ähneln Hyphessobrycon montagi im Verhalten ganz auffällig.
Die Aquarienpflege von H. montagi ist einfach und salmlertypisch. Äußere Geschlechtsunterschiede gibt es kaum, die Weibchen sind lediglich etwas kräftiger gebaut. In der Natur findet man laichreife Weibchen von März bis August. Die Tiere leben dort in klaren Bächen von 0,8 bis 20 m Breite, klarem Wasser mit mäßiger Strömung, sandigem Boden mit Laubansammlungen und bei einer relativ hohen Wassertemperatur um 29°C. Die Anpassungsfähigkeit an andere Wasser-Parameter ist aber gut. Lediglich auf sauberes, keimarmes Wasser ist zu achten. Gefressen wird jegliches Zierfischfutter passender Größe.
Für unsere Kunden: H. montagi hat Code 261373 auf unserer Stockliste. Bitte beachten Sie, dass wir ausschließlich den Großhandel beliefern.
Text & Photos: Frank Schäfer
Literatur:
Melo, B. F., R. P. Ota, R. C. Benine, F. R. Carvalho, F. C. T. Lima, G. M. T. Mattox, C. S. Souza, T. C. Faria, L. Reia, F. F. Roxo, M. Valdez-Moreno, T. J. Near & C. Oliveira (2024): Phylogenomics of Characidae, a hyper-diverse Neotropical freshwater fish lineage, with a phylogenetic classification including four families (Teleostei: Characiformes). Zoological Journal of the Linnean Society v. 202 (no. 1): zlae101: 1-37