Nannostomus anduzei

28. April 2009

Erstmals konnten wir den kleinsten aller Ziersalmler in größerer Stückzahl importieren. Bislang kam die Art nur durch Zufall zu uns. Hier ein ausführlicher Bericht über dieses neue Juwel für Nano-Aquarien:

Innerhalb der Familie der Schlanksalmler oder Lebiasinidae umfaßt die Gattung Nannostomus (hier inkl. der Gattung Nannobrycon), derzeit sechzehn anerkannte Arten. Im aquaristischen Fachhandel werden jedoch meist nur sieben Arten angeboten, nämlich N. beckfordi, N. harrisoni, N. marginatus, N. mortenthaleri, N. trifasciatus, sowie die beiden schrägstehenden Arten N. eques und N. unifasciatus.

Zu den Raritäten, die dann und wann angeboten werden, zählen N. digrammus, N. espei und N. limatus.

N. anduzei gelangte bislang nur ganz gelegentlich in einigen wenigen Exemplaren als Beifänge nach Europa. Er kommt zuweilen in Gemeinschaft mit Paracheirodon simulans, dem Blauen Neonfisch, in den Fachhandel. Oft genug werden die Tiere wegen ihrer geringen Länge von maximal 1,8 cm übersehen. Mit dieser Gesamtlänge ist N. anduzei die kleinste Art der Gattung. Zum Gattungstyp wurde übrigens N. beckfordi bestimmt.

Die Autoren FERNANDEZ & WEITZMAN beschrieben diesen hübschen Zwergziersalmler zu Ehren von und zum Dank an Herrn Dr. Pablo ANDUZE für seine intensive Unterstützung bei der Erforschung der Fischfauna im südlichen Venezuela. Die Belegexemplare dieser relativ neuen Art stammen aus einer Sammlung in einer Klarwasserlagune etwa 15 km nördlich von Puerto Ayacucho im Bereich des oberen Rio Orinoco. Die Temperatur in dieser Lagune betrug nahezu 30°C, der pH-Wert schwankte lokal zwischen 5,0 und 7,0.

Ein zweiter Fundort wurde im nördlichen Brasilien bekannt. Dr.WEITZMAN erhielt im Frühjahr 1987 eine Sammlung von Fischen aus dem Gebiet des Rio Madeira und des Rio Negro zur Identifikation. Ein Teil dieser Tiere gehörte ebenfalls der Art N. anduzei an. Diese Tiere wurden im Gewässer eines Savannengebietes im Einzugsgebiet des Rio Negro gesammelt. Bei diesem Gewässer handelte es sich um einen Teil des Rio Ererê, der, von Norden kommend, etwa 250 km NW der Mündung des Rio Branco in den mittleren Rio Negro mündet, noch vor der Einmündung des in letzter Zeit durch Zwergcichlidenfänge bekannt gewordenen Rio Padauari. Bei diesem Fundort handelt es sich um ein Schwarzwasserbiotop. Die Tiere aus dem Gebiet um Puerto Ayacucho unterschieden sich in der Färbung nicht von den Tieren aus dem Gebiet des Rio Ererê Brasilien. Bei den Männchen der brasilianischen Form ist jedoch die Afterflosse deutlich länger als bei den Tieren aus Venezuela.

Abweichend von allen anderen Nannostomus-Arten zeigt N. anduzei in der Nachtfärbung keinerlei dunkle Flecken- oder Balkenzeichnung. In der Nachtfärbung wirken die Tiere sehr transparent und zeigen darüber hinaus nur einen leicht goldenen Glanz. Das Rot in der Afterflosse und in der Schwanzflossenbasis ist dann ebenfalls nur noch andeutungsweise vorhanden.

Die als Beifänge nach Europa eingeführten Tiere stammen wahrscheinlich ausschließlich aus dem Einzugsgebiet des Rio Ererê. Für die Pflege von N. anduzei reichen bereits Kleinaquarien von zehn bis dreißig Litern Inhalt aus. Bei einer Gesamthärte von 10°dH und einem pH-Wert um oder leicht unter 7,0 lassen sich die hübschen Tiere bei etwa 27°C problemlos pflegen. Als Futter eignet sich, bedingt durch die geringe Größe der Tiere, gesiebtes Tümpelfutter, gelegentlich kleine Grindalwürmchen oder vorwiegend Artemia-Nauplien. Zusätzlich kann von Zeit zu Zeit feines Trockenfutter angeboten werden.

Bei der Pflege eines kleinen Schwarms von sechs bis zwölf Tieren unter den genannten Bedingungen im Artenbecken wird man bald die ersten Balzversuche der Männchen beobachten können. Hier sind es besonders die dominanten Tiere, bei denen die große Afterflosse sowie die Basis der Schwanzflosse blutrot aufleuchten. Das goldene Längsband wird von einem zarten hellen Grün überlagert und der bräunliche Rücken sowie das ebenfalls bräunliche Band unterhalb der goldgrünen Längsbinde verfärben sich in ein Graubraun. Spätestens bei diesen Beobachtungen stellt sich die Frage einer Nachzucht dieser ebenso seltenen wie hübschen Pfleglinge. Obwohl ich sehr oft Balzspiele beobachten konnte, habe ich die Tiere nie ablaichen sehen. Aus diesem Grund habe ich mich zu einem Ansatz im Schwarm von vier Männchen und sechs Weibchen entschlossen, Tiere, die ich inzwischen alle aus Importen von Paracheirodon simulans ausgelesen hatte. Zu diesem Zweck wurde ein acht Liter Becken hergerichtet. Zwei Drittel des Beckens wurden dicht mit Javamoos ausgepolstert, die Wasseroberfläche mit Ceratopteris abgedeckt. Das verwendete Quellwasser hatte einen pH-Wert von 6,3 und die Gesamthärte betrug 2°dH. Für zehn Tage beließ ich die Tiere im Ansatz. Täglich wurde mit Artemia-Nauplien gefüttert. Die Futterreste sammelten sich im vorderen, hellen Teil des Ansatzbeckens und wurden jeden zweiten Tag vorsichtig abgesaugt. Frisches Quellwasser ersetzte das mit dem Absaugen entfernte Beckenwasser. Drei Tage nach dem Herausfangen der Zuchtiere konnte man die ersten winzigen Jungfische an der Scheibe hängen sehen. So konnte ich einen einzelnen auch direkt an der Scheibe vermessen: er wies bereits eine Länge von 3 mm auf, hatte eine grauweiße Färbung und war sehr dünn. Das Kopfende mit den gut erkennbaren Augen (im Vergrößerungsglas) war deutlich verdickt. Vorsichtig wurden jetzt jeden zweiten Tag ein bis zwei Tropfen Liquifry mit dem Finger im Zuchtbecken verwirbelt.Mit Beginn der dritten Woche wurden zusätzlich einige Artemia-Nauplien ins Becken gegeben, doch konnte eine Aufnahme der Nauplien nicht festgestellt werden. Nach drei Wochen wurden vorsichtig alle Pflanzen entfernt. Leider konnten nur sechs Jungfische mit einer Körperlänge von etwa vier Millimetern, aber jetzt schon deutlicher Körpermasse festgestellt werden. Durch die besseren Beobachtungsmöglichkeiten ließ sich jetzt auch die Aufnahme der Artemia-Nauplien beobachten. Zu diesem Zeitpunkt wurde bereits erstmals vorsichtig etwas Mulm abgesaugt und das fehlende Wasser durch Frischwasser ersetzt. Einige an weiches Wasser gewöhnte Posthornschnecken wurden zur Beseitigung von Nahrungsresten eingesetzt.Obwohl dieser erste Zuchtversuch nur mit einem sehr bescheidenen Ergebnis endete, zeigte er doch, daß die Nachzucht dieser Zwergziersalmlerart möglich ist. N. anduzei ist möglicherweise, wie seine Verwandten, ein arger Laichräuber. Unter diesem Gesichtspunkt könnte der paarweise Ansatz ergiebiger sein. Sicher lassen sich die Zuchtergebnisse soweit verbessern, daß die Arterhaltung im Aquarium für den engagierten Liebhaber möglich ist.

Text & Photos: Dieter Bork
Aus: AqualogNews No 7, aktualisiert 4/2009

Angaben zum Tier
Herkunft Venezuela
Verfügbare Größe in cm 1-2